26. November 2004
"Christoph Merkel und die Draimbuwe mit Andreas Kohm" -Badische Mundart |
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Die Draimbuwe verknüpfen wie selbstverständlich unterschiedlichste Musikrichtungen mit dem roten Faden der Mundart-Texte.
Ob swingend eine "Weschbl" zu ihrer Weltreise startet, verträumt das "Friejohr" beschrieben wird oder "Uff de Such" hart gerockt wird, die Band verbindet verschiedenste Themen mit unerwarteten Musiken. Christoph Merkel setzt eine Familientradition fort. Sein Vater Burkard war ebenfalls Mundartdichter, von ihm hat er viele Texte vertont. Die Band spielt in der Besetzung mit Gitarren, Bass, Schlagzeug und Piano, Zieh- bzw. Mundharmonika, Percussion sowie mehr-stimmigen Gesang. Gedanken, dass das Benutzen des badischen Dialektes sehr enge Grenzen setzte und nur lokales Publikum Spass und Interesse an den Draimbuwe haben könnte, werden durch die grenzüberschreitende Bandbreite der Musikstile wie auch durch die Kreati-vität der Musiker im Nu entkräftet. Vor allem live entfalten die Arrangements der einzelnen Lieder ihre volle Wirkung und der Zuhörer wird sich der Spielfreude von Christoph Merkel, Sacha Stiebing, Ulric Ritzer, Markus Egger und Markus Schwan nicht entziehen können. Sie erzählen vom Gefühl unter einen "Apfelbaum" zu liegen, mit-ten im Spätsommer, fast wie im Schlaraffenland; eindringlich wird geschildert wie es ist, "Ellai" in der Wirtschaft zu sitzen, wenn man den Blues hat; einprägsam vermittelt, wie die letzte Fahrt zur ehemaligen Liebe ist immer noch hoffend, doch im Wissen, dass es schon "Vorbei" ist; einladend wird besungen wie der "Feierowed" mit Freunden begangen wird, wenn man sich ge-ben darf, wie man ist. |
„Dr Schnawwl iwwerzwerch gwachse“ Irgendwann inmitten seiner lyrischen Produktion in Hochsprache, nach zwei Büchern, zahlreichen Publikationen und Lesungen, und nach jahrelangem Zögern hat er dann doch angefangen: das Dichten in der "Muddersprooch", im Dialekt, in der Sprache, in der er aufgewachsen war. "Durmescherisch": wie alle Dialekte eine ‘kleine Sprache’, und gleichwohl eine, in und aus der seine Welt entstand, sein „W/Ort“ atmet. Eine Sprache, die stark und zart zugleich ist, denn nur so kann sie hinabreichen, -horchen in etwas, das immer aufs Neue erinnert werden muß. Vielleicht in etwas so Prekäres wie "Hoamed"/Heimat und "Kindhoad"/Kindheit, ins "wuher, wunoo". Diesen "Schdille Ozean" auszuloten mit dem Senkblei Gedicht heißt offen zu sein für Untiefen, Dunkles, Heiteres, Absurdes. Andreas Kohms Mundartlyrik ist weit von jeder kitschgetränkten Tümelei und Idyllik. Museale Konservierung ist ihre Sache nicht. Und seien die Anlässe für ein Gedicht noch so unscheinbar und gering - der Mond, ein Pfirsich, Gewitterwolken, der Wind - stets weiß es sich in einem poetischen Traditionszusammenhang, der weit über den Tellerrand der Provinz hinausreicht und keinesfalls heile Welt betont, sondern den "Riß im Schäddl" abtastet, der tief durch sie hindurch geht. Denn für den Literaturwissenschaftler Andreas Kohm (Jg. 1966) ist bereits der Dialekt selbst widersprüchlich: ein Ort der Auflösung und zugleich der subversiven Veränderung. Immer weniger sprechen ihn und doch wandert sein Sound in mikroskopisch kleinen Klangresten ins scheinbar ‘reine’ Hochdeutsch ein, gibt ihm "ä liichds Fäärwl". Der Dichter, der für seine Arbeiten bislang zwei Mundart-Preise bekam und heute in der Pfalz lebt, macht gerade darin jene Erfahrung der Fremde in der eigenen Sprache aus, die wohl jeden Menschen gelegentlich anfällt. |
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